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Studieren, leben, reisen und essen im Fernen Osten

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Name: Michael Dorn

 

Universität in China: Tongji University – Chinesisch Deutsche Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CDHAW)

 

Hauptfach: Wirtschaftsingenieurwesen

 

Sprachniveau Chinesisch: HSK 4

 

Abschluss: Doppelbachelor Wirtschaftsingenieurwesen & Logistic Management (B.Eng.)

 

Ziele: Ich strebe ein Masterstudium in einem Dual Degree-Programm an, bevorzugt mit einer Partneruniversität in China / Shanghai. Im Anschluss daran möchte ich meinen internationalen Werdegang fortsetzen und in einem europäischen Industrieunternehmen in China arbeiten.

 

1. Warum Shanghai?

Meine Eltern leben und arbeiten seit 2002 in Shanghai und so  bin ich schon relativ früh auf die Tongji-Universität aufmerksam geworden. 2015 hat mich mein Vater zur Deutschen Woche der Tongji-Universität in Shanghai mitgenommen, wo ich das erste Mal die Möglichkeit hatte Campusluft zu schnuppern. Daraufhin habe ich in München eine Hochschule gesucht, die eine Partneruniversität in China hat und habe mich schlussendlich für das Doppelbachelorprogramm an der CDHAW entschlossen.


Bereits im Vorfeld hatte ich durch meine Eltern die Möglichkeit China und Asien zu bereisen und andere Städte kennenzulernen. Das internationale Flair von Shanghai und die alte Kultur in China haben mich bei der Wahl sehr beeinflusst. Auch hinsichtlich einer möglichen Karriere in Asien empfand ich Shanghai als einen idealen Studienort, da viele deutsche Firmen eine lokale Niederlassung in Shanghai und Umgebung haben.

 

2. Lebensgestaltung – Uni & Praktikum

Die Lebensgestaltung in Deutschland und in China unterscheiden sich erheblich. In China lernt man spontan zu sein und kurzfristig zu planen. Beispielsweise bereitet man sich in Deutschland mehrere Wochen im Voraus auf anstehende Events vor, in China weiß man oft erst am Mittag wie man den Abend verbringen wird. Ich bin unternehmenslustiger geworden. In China ist die Aufenthaltszeit durch Studium- bzw. Visavorgaben begrenzt, weswegen ich versucht habe viel zu reisen und andere Landesteile kennenzulernen.  2020 habe ich es sogar nach Kashgar – die westlichste Stadt in China – und in die Oase Turpan geschafft.


Generell kann man sagen, dass man unter der Woche die meiste Zeit auf dem Campus verbringt und die Wochenenden nutzt, um Shanghai und seine Umgebung zu erkunden.

Id-Kah Moschee in Kashgar

 

Das Studium läuft im Vergleich zu Deutschland verschulter ab. Für mich war das kein Problem, da es einfacher war gute Noten zu erzielen. In den Vorlesungen wurde Mitarbeit von den Dozenten verlangt und gefördert. Zudem bestand eine Anwesenheitspflicht. Meine Vorlesungen fanden alle in hybrider Form statt, so dass ich sie, da ich in Shanghai war, alle in Präsenz hören konnte. Als Tools wurden hauptsächlich MS-Office, Tencent-Meeting und WeChat benutzt.

 

Aufgrund der Einreisebeschränkungen für ausländische Studierende während der Corona-Pandemie war ich der einzige „neue“ deutsche Student auf dem Campus seit 2020. Ich fand schnell Anschluss, die chinesischen Kommilitonen waren sehr hilfsbereit und haben oftmals sogar ein bisschen Deutsch gesprochen.

 

Im Rahmen meines Doppelbachelor musste ich auch ein Praktikum absolvieren, das ich in der Shanghaier Niederlassung eines deutschen Motorenbauers verbrachte. Die Universität hat die Studierenden im Vorfeld bei der Stellensuche durch zahlreiche „Meet your Company“–Events unterstützt und auch Exkursionen zu im Shanghaier Raum ansässigen deutschen Unternehmen angeboten.


Während des Praktikums wurde ich im Supply Chain-Team eingesetzt und habe dort auch meine Bachelorarbeit über einen Unternehmensprozess geschrieben. Insgesamt habe ich fünf Monate im Unternehmen verbracht, musste jedoch leider drei Monate wegen des Lockdowns in Shanghai im Homeoffice arbeiten.

 
Im Vergleich zu Deutschland finden in China mehr Teambuilding-Aktivitäten statt. Gemeinsame Mittag- und Abendessen mit den Kollegen sind die Regel. Zudem habe ich mich auch oft mit meinen deutschen Kollegen und Vorgesetzten nach Feierabend oder am Wochenende getroffen. Das Verhältnis empfand ich als locker und angenehm.

 

3. Corona in China

Die Auflagen und Beschränkungen hinsichtlich Corona sind in China  strikt. Wenn ich bisher über China nachgedacht hatte, kam mir sofort Fortschritt in den Sinn, gerade im Bereich der Digitalisierung. Mitte der 2000er Jahre war so gut wie nichts in China digitalisiert, heute 15 Jahre später kann man ohne Smartphone nicht mal mehr ein U-Bahnticket kaufen oder seine Rechnung bezahlen. Diese Digitalisierung hat es China auch erleichtert, die Kontrollmaßnahmen während der Pandemie umzusetzen – ohne QR-Code am Handy läuft nichts mehr.


Ich hoffe, dass ich im August 2023 wieder nach China zurückkehren kann, um im Rahmen des CDHK-Programms einen Doppelmaster in Wirtschaftsingenieurwesen zu erlangen.


Zusammengefasst darf ich mich nicht beklagen, im Vergleich zu Deutschland habe ich in der Zeit von Anfang 2020 bis Anfang 2022 unter keinen bzw. nur minimalen Einschränkungen gelebt.

 

4. Softskills für China

Für einen Aufenthalt in China sollte man auf jeden Fall offen für Neues sein. Chinesen sind interessiert mit Ausländern Kontakt aufzunehmen oder gar etwas zu unternehmen. Schnell wird man zum Tee trinken oder zu Ausflügen eingeladen. Auch in Bezug auf die chinesische Küche muss man bereit sein, sich auf fremde Geschmacksrichtungen einzulassen und ggf. mutig sein. Die chinesischen Kommilitonen machen sich oft einen Spaß daraus, für Ausländer kulinarische Kuriositäten zu bestellen. Viele chinesische Studierende sind interessiert an einem Sprachtandem. Ich hatte einen chinesischen Tandempartner, wodurch sich mein Chinesisch verbessert hat, denn die Ausbildung an der International School fokussiert nicht unbedingt Alltagssprache.

 

5. Lieblingsorte & Essen in Shanghai

 

Wenn man an Shanghai denkt, kommt einem sofort die Skyline am Bund in den Sinn, wo e ich mich tatsächlich auch sehr gerne aufgehalten habe.

 

Skyline bei Nacht

 

Im Kontrast zur Moderne habe ich auch gerne den Yuyuan Garden (豫园) besucht. Dieser ist zwar sehr touristisch, ein Besuch ist allerdings trotzdem lohnend. Zu Chinese New Year ist er mit vielen Laternen illuminiert.

Yuyuan Garden (Chinese New Year)

 

Am Wochenende bin ich tagsüber auch gerne mit Freunden durch die French Concession spaziert. Hier gibt es viele kleine Restaurants, Geschäfte und Coffeeshops, die oft auch gute Brunch/ Lunch – Angebote für den kleinen Studentengeldbeutel anbieten.

 

Wukang Building in der French Concession (Wukang Road/ Huaihai Road)

 

Da ich an der Tongji zuerst Mandarin gelernt und im Anschluss daran mein Bachelorstudium an der CDHAW beendet habe, hatte ich die Möglichkeit sowohl auf dem Siping-Campus als auch auf dem Jiading-Campus zu studieren. Hier gibt es ebenfalls Orte, die man besucht haben sollte. Sowohl das International Office-Gebäude auf dem Siping-Campus als auch das Bibliotheksgebäude auf dem Jiading-Campus haben einen Dachgarten, der zum Verweilen einlädt.

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Dachgarten (IO – Siping)         Dachgarten (Bib – Jiading)

 

Beide Campusse haben ihre schönen Flecken: In Siping gibt es den beschaulichen Garten direkt neben dem Wohnheim und in Jiading kann man sich auf dem Golfplatz sportlich betätigen.

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     Golfplatz (Jiading)                       Garten (Siping)

 

Auch um das Essen muss man sich in Shanghai keine Sorgen machen. Man kann theoretisch jeden Tag die Küche aus einem anderen Land der Welt probieren, meist sogar sehr authentisch. In Shanghai gibt es zahlreiche lokale Spezialitäten, besonders bekannt sind die leckeren Xiaolongbao (小笼包), kleine gedämpfte mit Fleisch gefüllte Teigtaschen.

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Xiaolongbao


Ebenfalls beliebt sind koreanisches oder japanisches BBQ. Meist hat man einen kleinen in den Esstisch integrierten Grill, auf dem man sich selbst das Fleisch zubereitet. und bereitet sich sein eigenes Fleisch zu. In teureren Restaurants ist es üblich, dass einem das Grillgut direkt vor den Augen zubereitet wird.

 

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Japanisches BBQ

 

Auf westliches Essen muss nicht verzichtet werden. Französische und italienische Küche stehen auch bei den Shanghainesen ganz oben auf dem Plan, wenn sie „exotisch“ essen gehen.

 

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 Pasta & Gnocchi

 

Was man sich nicht entgehen lassen sollte, ist eine echte Beijing Ente (北京烤鸭= bei jing kao ya). Die Zubereitung und das Menü unterscheidet sich erheblich zu Deutschland, so wird im ersten Gang nur die Haut mit Fett, im zweiten Gang das gebratene Fleisch und im dritten Gang, die mit „dem Rest gekochte“ Suppe serviert.

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Zubereitung Peking Ente


Auch an Weihnachten oder zur Oktoberfestzeit muss man auf traditionelles deutsches Essen nicht verzichten, da jedes Jahr mehrere Weihnachtsmärkte und Oktoberfeste in Shanghai veranstaltet werden.

              

           Essen Oktoberfest                   Weihnachtsmarkt

 

7. Tipps für China

Wer noch nie in China war, dem würde ich ein interkulturelles Training empfehlen, um sich mit den Gepflogenheiten im Voraus vertraut zu machen. Solche Kurse werden oft auch von der Heimatuni angeboten. Außerdem empfehle ich einen Chinesich-Kurs zu besuchen. Man kommt zwar in den meisten Städten mit Englisch mehr oder weniger gut durch, aber Chinesisch vereinfacht vieles. Wer Zeit und Interesse hat dem würde ich sogar ein Mandarinstudium von 1-2 Semestern empfehlen. Mir hat es sehr viel Spaß bereitet, denn ich konnte mein rudimentäres Chinesisch deutlich verbessern. Zudem hatte ich an den unterrichtsfreien Nachmittagen die Zeit, Shanghai aus der Sicht eines Studenten zu erkunden.

 

8. Studienfinanzierung

Leider ist das Studium im Ausland nicht nur Spiel und Spaß, sondern kostet auch (Studiengebühren fallen in der Regel keine an). Zudem darf man in China als Student offiziell nicht arbeiten, ein Werksstudentenjob wie in Deutschland gang und gäbe, ist nicht möglich. Es empfhielt sich deshalb in Deutschland bereits Geld für einen geplanten Auslandsaufenthalt zu sparen.


Im Ramen des CDHAW-Austauschs wurden wir auf zwei Stipendien aufmerksam gemacht (Promos Stipendium & CSC Stipendium). Das Promos Stipendium wird vorangig an Personen vergeben, die sich sozial in Deutschland engagieren. Die chinesische Regierung vergibt das CSC-Stipendium, hier spielen diverse Faktoren eine Rolle.


Da es sich beim CDHAW-Studium um ein Bachelorstudium handelt, ist es schwierig ein DAAD-Stipendium zu ergattern, es gibt allerdings alternative Stipendienmöglichkeiten in Deutschland. Zudem kann man in Shanghai auch noch das Shanghai-Scholarship beantragen, das von der Stadtregierung vergeben wird.


Ich selber habe von meiner Heimatuni einen Reisekostenzuschuss erhalten.

 

Fazit: Ein Studium in China ist exotisch und die Kommilitonnen in der Heimat erklären einen vielleicht sogar für verrückt. Auf der anderen Seite hat man die Möglichkeit in eine fremde Kultur einzutauchen. Man wird Höhen und Tiefen wärend des Aufenthalts in China durchlaufen, die einen sicherlich „reifen“ lassen. Das erhebliche Plus an Erfahrung verleiht einem eine gewisse Ruhe. Man läßt sich nicht mehr so schnell aus der Fassung bringen und am Ende behält man eh nur die schönen und aufregenden Dinge im Kopf. Ich empfehle jedem den Schritt zu wagen und ein Austauschstudium in China zu machen.

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