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Rückblick auf den Vortrag: Marke und Mythos

Am Nachmittag des 23. Oktober war Professor Stefan Waller, Vizedekan des Joint Institute of the Zhejiang Wanli University Ningbo and the Brand University of Applied Sciences Hamburg, eingeladen, einen Vortrag mit dem Titel „Marken und Mythos“ an der School of Humanities der Tongji-Universität zu halten. Diese Vorlesung war eine vom Chinesisch-Deutschen Campus (CDC) im Rahmen der Deutschen Woche geförderte öffentliche Veranstaltung.



Marken werden zwar oft in der Kulturphilosophie marginalisiert, aber Professor Waller argumentierte, dass sie tiefere Einsichten in die moderne Kultur gewähren, da sie darauf angelegt sind, die Persönlichkeiten von Menschen widerzuspiegeln. Dieser Einsicht folgend ging er der Frage nach, warum Marken als Persönlichkeiten zu verstehen sind. Seine philosophisch-anthropologische Interpretation kam dabei zu der Einsicht, dass man dies auf ein mythisches Denken zurückführen kann, das nicht nur vorgeschichtlich ist, sondern immer noch existiert.


Dabei ging er zunächst auf die Theorie von Kant ein, dass die sinnlichen Erfahrungen des Menschen durch die Kategorien des Geistes geprägt werden. Der Mensch kann nur die durch seinen Geist gefilterten Erscheinungen erfassen, nicht aber die Dinge, wie sie an sich sind. Überträgt man Kants Schema auf Marken, so zeigt sich, dass auch die Wahrnehmung von Marken als Persönlichkeit auf der grundsätzlichen Weise beruht, wie der Mensch die Welt wahrnimmt. Dabei merkte er an, dass der Umstand, dass Menschen Marken als individuelle Persönlichkeiten und nicht als bloße Dinge betrachten und dabei von ihrer „Seele“ sprechen, sich durch Sartres Begriff des „Blicks“ verstehen lässt. Sartre argumentiert, dass wir jemanden als Menschen betrachten, was auf der von uns wahrgenommenen Möglichkeit basiert, dass er uns zurückblickt – und wir ihn hiermit als „beseeltes Wesen“ wahrnehmen. Dieser Sichtweise folgend haben die Menschen die Welt in vorgeschichtlicher Zeit durch einen Animismus erklärt, der alles als beseelt betrachtet – eine zwar problematische, aber doch Ordnung und Bedeutung in einer chaotischen Welt bringende Perspektive.


Ganz ähnlich beseelen Marken die Welt, wie dies etwa schon in pejorativer Weise von Marx beschrieben wurde: Die mystische Natur der Waren verwandelt sie von einem bloßen Objekt in beseelte Wesen voller sozialer und kultureller Bedeutung. Damit allerdings spiegelt die Beziehung Mensch-Ware die Beziehung von Mensch zu Mensch oder sogar Mensch zu Gott wider.


Prof. Waller geht hiernach davon aus, dass Marken tatsächlich eine Form der geistigen Entlastung bereitstellen und versucht dies anhand der Anthropologie Arnold Gehlens zu erklären. Der Mensch als Mängelwesen sucht ständig nach Wegen, sowohl die physische als auch die psychische Belastung in einer komplexen Welt zu verringern, das heißt, sich zu entlasten. In diesem Sinne ist das Branding mehr als nur ein Instrument des Kapitalismus. Indem es Persönlichkeiten anbietet, mit denen sich Menschen identifizieren können, kann es ein Gefühl der Zugehörigkeit evozieren, welches uns ein Stück weit von der Unsicherheit des modernen Lebens entlastet.



Der Vortrag endete mit einer Diskussion, bei der verschiedene Ansichten zum Thema vorgebracht wurden. Die Vorlesung zeigte eine neue Perspektive auf Marken und deren Bedeutung in der modernen Kultur und für das Gefühlsleben des Menschen auf.

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